Montag, 1. März 2010

Liebe und Leid - gehören sie zusammen?



Quelle Foto: www.pixelio.de     Fotograf: Harry Hautumm

Für manche Menschen, in vielen Fällen sind es Frauen, muss Liebe immer irgendwie mit Leid - wir sagen heutzutage "Stress" verbunden sein. Beziehungen, die unkompliziert und eher harmonisch verlaufen, sind auf Dauer nichts für sie.

Denn unbewußt suchen Sie stets nach einem Partner, der ihnen "Aufgaben" stellt, dessen Charakter eher etwas Undurchschaubares, Geheimnisvolles in sich birgt, der für sie eine Art "harte Nuß" ist, die erst einmal "geknackt" werden will. Irgendwelche irrigen Erfahrungen im Leben lassen sie glauben, dass man sich eine gute Beziehung erst erarbeiten, verdienen muss.
Männer/Frauen, die allzuleicht "zu haben" sind, die ihnen regelrecht "nachlaufen", üben keine echte Anziehungkraft auf sie aus, wirken eher langweilig auf sie.

Sie glauben, dass sie erst dann, wenn sie für ihre Liebe richtig kämpfen müssen, diese einen echten und nachhaltigen Wert für sie haben kann.

Sie suchen instinktiv nach Problembeziehungen und brauchen Beziehungsprobleme, um ständig damit beschäftigt sein zu können.
Sie wollen es ihrem eigenen Verdienst zuschreiben, wenn der andere ohne sie nicht mehr "leben" kann.
Das gibt ihnen was. Das macht sie vor sich selbst wertvoll und wichtig.
Und: Es lenkt von den eigenen Problemen, die man mit sich selbst hat, ab.

Stecken sie dann drin, in der problemgeladenen Beziehung, fangen sie an zu kontrollieren und zu betreuen. Sie "kümmern" sich ständig und zwanghaft um ihren Partner, versuchen ihn zu lenken zu beeinflussen. "Manipulieren" sagen die Psychologen dazu. Ich nenne es ganz einfach "betreuen".

Häufig sind es von Natur aus eher Frauen, denen das Betreuen durch ihre Geschlechterrolle bereits in die Wiege gelegt wurde. Um möglichst fürs ganze Leben etwas Nachhaltiges zum Betreuen zu haben, suchen sich diese "Partner-Betreuer" sehr oft Menschen, die von Süchten abhängig sind, die für sie somit eine dauerhafte, echte Aufgabe darstellen.

Sie möchten für ihn/sie Retter(in) sein, einen Menschen "bekehren", ihm einen Sinn im Leben geben. Das gibt ihnen selbst auch einen echten Sinn im Leben. Sie haben eine verantwortungsvolle Aufgabe, die sie ständig auf Trab hält.

An dieser Aufgabe scheitern jedoch die meisten "Partner-Betreuer".


Sie erkennen irgendwann, dass sie sich damit zuviel aufgehalst haben.
Sie merken, dass sich die Dinge und Ereignisse verselbständigen.
Sie fangen an, darunter zu leiden, wenn die Entwicklung in eine völlig andere Richtung geht und ihre Bemühungen im Grunde ins Leere laufen.
Sie haben keinen Einfluß mehr auf die scheinbar unplausiblen Rückfälle
ihrer süchtigen Partner, die meist aus heiterem Himmel über die Partnerschaft hereinbrechen. 
Sie schreiben sich diese Ereignisse selbst zu und tragen dafür bereitwillig die Verantwortung. Sie glauben nämlich, sie hätten versagt, nicht genügend betreut, nicht gründlich genug kontrolliert und nicht nachhaltig genug beeinflußt.

Manche halten an einer solchen fatalen Suchtbeziehung hartnäckig fest, aus der Überzeugung heraus, dass sie in erster Linie einen Erfolg zu erzielen und diese Aufgabe "zu Ende" zu führen hätten.

Andere wiederum trennen sich, um sich anschließend erneut in eine vergleichbare Problem-Beziehung zu stürzen. Das Spiel beginnt von vorne, nur eben mit neuen Darstellern.

Es sind immer wieder die gleichen Muster, die gleiche Art von Partner.

Vergleichbar mit Sender und Antenne, die sich gegenseitig ständig anpeilen, finden solche gleichen Partnerkonstellationen mühelos zusammen.

Der "Partner-Betreuer" sucht nach einem "Rettungsobjekt", das er so lange aufopfernd betreut, bis es ohne ihn nicht mehr leben kann:
"Ohne mich hätte er/sie sich längst zu Tode getrunken!", hört man häufig aus ihrem Munde und mit ständigen Erzählungen und Schilderungen ihres aufopfernden Lebens wollen sie auch im näheren Umfeld Anerkennung für ihre "Verdienste" einheimsen.

Der Betreute selbst hingegen sucht seinerseits gezielt nach Partnern, die ihn bereitwillig betreuen und bemuttern möchten, damit er diese für seine Bedürftnisse gewinnen und einspannen kann. So sichert er sich langfristig deren Erfüllung. Dafür muss er nicht viel tun. Hilfsbedürftig und anschmiegsam zu wirken, genügt meist vollauf! Ein ausgeprägtes Anlehnungsbedürfnis läßt die potenziellen "Partner-Betreuer" glauben, sie bekämen als Lohn für ihre Arbeit reichlich Liebe. Jedoch das genaue Gegenteil ist der Fall!

Sie nehmen Liebe, können aber meist selbst keine geben. Sie haben es nicht gelernt, zu lieben. Sie wollen nur geliebt werden!

Eigentlich könnte man meinen, dass diese Beziehungen gar nicht so schlecht sein können, findet doch jeder das, was er scheinbar braucht.

Das Problem dabei ist jedoch, dass beide voneinander abhängig werden.
Keiner kann ohne den anderen leben. Es ist so, als saugten sie sich gegenseitig aus - "Gefühlsvampire" könnte man sie nennen.

Und irgendwann sind beide leer und ohne Lebensenergie.
Ihre Beziehung macht sie krank.

Dieses Muster bei sich selbst zu erkennen, ist sehr schwer.

Die meisten "Partner-Betreuer" wollen es einfach nicht wahrhaben, dass sie diese Verhaltensweisen tatsächlich praktizieren. Sie suchen vielmehr nach "edlen" Beweggründen, nach Entschuldigungen und selbst konstruierten Schlußfolgerungen, die einzig und allein dazu dienen, nicht loslassen zu müssen.

Suchtbeziehungen und Familien sind vergleichbar mit einem Mobile, bei dem jeder an jedem hängt. Auch Kinder aus solchen Beziehungen "lernen" schon in jungen Jahren perfekt die "Betreuer"-Rolle. Vorbild ist der der Betreuer-Elternteil, der es vormacht, wie man "richtig gut betreut".

"Helfersyndrom" nennt der Psychologe es. Die Kinder übertragen es auf ihre späteren, eigenen Beziehungen - das Spiel beginnt von vorne.

Verlieren "Partner-Betreuer" das Ziel ihrer Bemühungen - den betreuten Partner, etwa durch Scheidung oder gar durch Tod, fallen sie selbst sehr oft in ein tiefes, seelisches Loch und haben scheinbar den Sinn ihres Lebens verloren.

Das Umfeld glaubt, nun könne alles besser werden im Leben der "Partner-Betreuer", denn nun könnten sie endlich ihr eigenes Leben leben.
Doch dieses eigene Leben gibt es längst nicht mehr. Alles war nur auf das "Betreuen" und Kontrollieren ausgerichtet. Eine echte Katastophe im Leben eines "Betreuers", der ja nichts anderes mehr kannte.

Blicken wir einmal auf unsere Ehe, unsere eigene Beziehung.
Könnte es auch für uns zutreffen?
Wer könnte uns dabei helfen, dies objektiv zu beurteilen und wie können wir aus diesem Teufelskreis entfliehen?

Suchtberatungsstellen und Selbsthilfegruppen für Angehörige von Suchtkranken helfen bei der Suche nach neuen Wegen und verhelfen zu einer objektiven Sichtweise der eigenen Situation, zu der wir alleine sehr oft nicht mehr fähig sind, weil unsere Gefühle und Gewohnheiten uns derartig "eingesponnen" haben, dass wir es uns anders eigentlich gar nicht mehr vorstellen können.

Schon der Gedanke, dies alles nicht mehr haben zu können, macht uns Angst.
Eine Situation genauer auszuleuchten, muss ja nicht zwangsläufig bedeuten, dass wir uns sofort trennen, uns scheiden lassen sollen.


Doch schon die Bereitschaft, Fachleuten einen unbeschönigten Einblick in seine eigene Lebenssituation zu gewähren, um herauszufinden, ob wir vielleicht etwas ändern sollten, ist der erste Schritt, um einen Ausweg aus dem Dilemma zu finden.

Zugegebenermaßen nicht einfach für "Betreuer-Partner", die es im Laufe ihres Lebens gelernt haben, ihre Beziehungs-Probleme lieber für sich zu behalten.

Vielleicht stellt dieser erste Schritt, seine "Story" offenzulegen, ebenfalls eine echte Chance dar, dem süchtigen Partner mit professioneller Hilfe einen Weg aus der Sucht zu zeigen, wenn sein "Betreuer-Partner" dies erstmals zuläßt.

Denn jemanden zu betreuen, heißt auch, großen Einfluss auf ihn zu nehmen, entweder dahingehend, nichts verändern zu wollen, um das kranke Muster beizubehalten, oder sich eben zu öffnen für die Veränderung.
Chance für ein neues Leben.

Somit wäre beiden geholfen.

Der Weg ist frei in ein freies Leben - ohne Abhängigkeiten.
Grund genug, einmal in Ruhe darüber nachzudenken.

Herzlichst,

eure
Marie-Therese