Sonntag, 20. Dezember 2015

Alkohol zu Weihnachten?

Fotograf: Marko Gröning  / pixelio.de

Warum wird an den Feiertagen verstärkt getrunken?
Festtage sind ein willkommenes Alibi um zu trinken.

Daran habe ich damals, als ich mit einem trinkenden Mann verheiratet war, zu allerletzt gedacht.
Dass Weihnachten tatsächlich ein Vorwand wäre, um planlos zu saufen, kam mir gar nicht in den Sinn!
So naiv war ich.

Weihnachtsfeiern, Einladungen, der Hl. Abend...
Überall wird getrunken.

Toll!

Es fällt nicht auf, wenn man viel trinkt. Alle tun es ja.
Erst, wenn man mit dem Kopf auf dem Tisch liegt, wird's peinlich.
Möglichst sieht man zu, dass man vorher irgendwie nachhause kommt.

Wie es dann dort vor der Familie aussieht, ist egal.
Die eigene Familie kennt einen ja schon zur Genüge!
Keiner wundert sich, wenn man bereits nachmittags um vier besoffen auf dem Sofa pennt.

Wie das ankommt bei den Kindern?
Wie das nachhaltig die Stimmung zerstört?
Wie fühlt sich das an, wenn die jährlich liebevoll aufgebaute Krippe als "Kasperltheater" und das Singen von Weihnachtsliedern als lästiges Geplärre verhöhnt werden?
Er will auch keine Flötenmusik hören und meckert, wenn man sich mal verspielt.

Wie enttäuscht man ist, wenn Papi keine Lust hat, mit den Kindern die neuen Spielsachen zu bewundern,
mit ihnen zu spielen? Dem Papi ist das alles wurscht! Er ist gedanklich abwesend und riecht ekelhaft nach Alkohol.

Während alle andächtig zuhören, wenn Mutti die  Weihnachtsgeschichte vorliest, ist Papi längst eingeschlafen und schnarcht zu allem Überfluss auch noch so laut, dass man Mami kaum noch hören kann.

Wehe, wenn er geweckt wird, weil die Kinder zu laut spielen!
Da ist man lieber leise und verhält sich still, um den Vater nicht zu reizen und um ja keine schlimme Szene an Weihnachten herauf zu beschwören!
Andacht und Besinnlichkeit haben keinen Stellenwert mehr.
Es reduziert sich auf das Saufen.


So weit weg von der biblischen Geschichte, von dem, was sich im Stall von Bethlehem dereinst zugetragen hat. Hauptsache, der Kanal ist voll und die Sucht ist befriedigt!

Welchen Schaden das bei Kindern nachhaltig anrichtet, kann niemand genau ermessen.
Weihnachten war für mich der Tag der Sehnsucht nach Geborgenheit.
Ich blickte in das Krippchen und war neidisch auf die Figuren, die dort in trauter Gemeinsamkeit um das Christkind herumstanden und auf es hinab blickten. Wäre ich doch dort bei ihnen, mit meinen Kindern!
Dachte ich verzweifelt!

Ich wünschte mir so sehr, jetzt gleich ausbrechen zu können aus diesem Desaster einer verpfuschten Familie, in die ich durch die ständigen Alkoholexzesse meines Partners einfach keine Harmonie hineinbringen konnte. Ich fühlte mich als Versagerin und konnte doch daran nichts ändern.
Die Angst, dass der Heilige Abend verpfuscht, verdorben werden könnte durch die Trunksucht des Vaters meiner Kinder, verursachte mir ein ständiges Kribbeln in der Magengrube.
Es war mit schrecklicher Prüfungsangst vergleichbar, was ich da empfand.
Ich durfte mir nichts anmerken lassen. Ich tat so, als wäre das alles nichts.
Ich sorgte fürs Essen und dass es keine Pannen gab bei Tisch.

Meine Kinder erzählen mir heute oft, dass sie Weihnachten trotzdem als sehr schön in Erinnerung haben.
Das kann ich mir heute meiner perfekten Art, schlimme Situationen zu überspielen, zuschreiben.
Was ich dabei empfunden habe, war die Hölle.
Ich war im Zwiespalt zwischen dem, was ich meinen Kindern bieten wollte und dem, was die Gegebenheiten waren, die ich nunmal nicht zu ändern in der Lage war.

Könnte ich die Zeit zurückdrehen, dann wäre ich mit meinen Kindern lieber alleine gewesen und hätte den trinkenden Störfaktor lieber ausgeschaltet.

Vielleicht aber habe ich das alles durchleben müssen, um es heute um ein Vielfaches mehr schätzen zu können, keinen Alkoholiker mehr an Weihnachten auf dem Sofa liegen zu haben!

Ich wünsche Euch ein besinnliches Weihnachten,
ohne Verstellungen, ohne Streit, ohne Zwänge und ohne Angst!

Eure Marie-Therese

 










Sonntag, 6. Dezember 2015

Warum hörst du nicht auf zu trinken?

Mit freundlicher Genehmigung: Martin Quast  / pixelio.de


Allen Nichttrinkern erscheint es so einfach!

Warum hört der Betroffene in unserer Familie,
unserem Freundeskreis,
nicht einfach auf mit dem Trinken?

So schwer kann das doch nicht sein, oder?

Und wenn es sich um den Partner handelt, denkst du dir:
Aus Liebe zu mir könnte er doch aufhören!
Also liebt er mich nicht genug!

Wenn einer jemals aufgehört hat, zu Saufen,
dann nicht aus Liebe!

Jemand, der nicht abhängig ist von einem Stoff - hier der Alkohol,
kann sich nicht vorstellen, wie es ist,
wenn man ständig Nachschub braucht.

Je länger der Betroffene trinkt, umso schwieriger wird es für ihn,
für einen gewissen Zeitraum nichts zu trinken.

Das Verlangen nach dem Suchtstoff ist zunächst nur im Kopf präsent.
Der Wunsch, zu trinken, drängt sich aber immer mehr in den Vordergrund.

Trinken zu wollen, wird immer wichtiger, etwa so:
Alkohol, Alkohol, Alkohol, Alkohol...!!!

Dafür rücken die Dinge, die früher einmal wichtig und präsent waren
für den Betroffenen, immer mehr in den Hintergrund,
werden bedeutungslos, sind unwichtig geworden für ihn.

Gefühle verblassen, sie sind nicht mehr so intensiv.
Wenn sie wieder zum Vorschein kommen,
dann verstärkt im betrunkenen Zustand.

Da wird dann schon mal geheult oder so...
Zwischen den Alkoholkonsum-Phasen macht der Betroffene
einen eher unterkühlten, distanzierten Eindruck.
Er wirkt "gefühlskalt".

In Wahrheit können Gefühle im nüchternen Zustand
während einer aktiven Phase der Sucht nicht "gelebt" werden.
Der Betroffene fühlt tatsächlich nichts.
Er ist leer. Ihm ist alles "wurscht".

Das Verlangen nach Alkohol wird immer wichtiger.
Dafür tut er alles.
Dafür ist er auch schon mal verzweifelt und wütend.
Weil er den Suchtstoff braucht.

Mit der Zeit wird "Aufhören" immer utopischer für den Betroffenen.
Er kann sich ein Leben ohne Fusel nicht mehr vorstellen.
Der Alkoholkonsum und die Zeiten,
in denen er trinkt, werden immer länger,
nehmen zeitlich immer mehr Raum im Leben ein.
Die Pflichten werden dabei mehr und mehr vernachlässigt.

Oder: Arbeit kann nur noch
im angetrunkenen Zustand gut ausgeführt werden.
Nüchtern ist man gehörig am Zittern, am Jammern,
am Schlafen, auf Rückzug.

Für den Partner echt schlimm.
Der wird kalt gestellt.

Einen "lebhaften" Partner erleben sie nur noch,
wenn der betrunken ist.
Dann ist es schon fast wieder zu arg.
Da zieht er Szenen ab. Er führt sich auf.
Man weiß nicht, was man sich wünschen soll.
Nüchtern eiskalt, besoffen hysterisch
und überdreht bis aggressiv...

Aufhören? Undenkbar!

Es ist fast so, als würde man
von einer hochschwangeren Frau verlangen,
sie solle den Mount Everest besteigen.
Wir, "von außen", können überhaupt nicht nachempfinden,
wie es ist, auf Entzug zu sein.

Unruhe, Nervosität, Schlaflosigkeit, Übelkeit,
Zittern, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen,
Schmerzen im ganzen Körper.
Es fühlt sich an wie eine Grippe...
Es ist die Hölle.

Er KANN deshalb nicht so einfach aufhören.
Es geht nicht.
Macht Euch darüber keine Illusionen.
Es ist nicht möglich.
Ein "Alki" braucht die Therapie.
Ohne geht's nicht oder nur sehr selten.

Ein weiter Weg.
Ohne seine ausdrückliche Bereitwilligkeit sich auf eine Therapie einzulassen,  ein echt sinnloses Unterfangen.
Ist er nicht schon weit genug "unten",
das heißt:
gesundheitlich ist der Betroffene schon so dermaßen angeschlagen,
dass die Phasen ohne Alkohol schier unerträglich werden,
der Körper zurück schlägt mit Durchfall,
Magenschmerzen, Schwindelanfällen,
Wahnvorstellungen und rasenden Angstzuständen...,

heißt es: Abwarten.


Hast du viel Zeit?
Dann warte mit ihm ab.
Sieh ihm zu beim Saufen.
Begleite sein "Sterben auf Raten".
Das ist es - nicht mehr und nicht weniger.

Bis sie kurz davor sind.
Dann kommt der "weiße Engel" vorbei
und zeigt ihnen im Delirium die rote Karte!
Das kalte Grauen erfasst sie.
Der Punkt der Umkehr?

Oder die Entscheidung für den Suff und damit für den Tod?
Zu Dramatisch? Nein. Einfach Realistisch!
Die Entscheidung liegt bei Dir.
Bleiben und mit ansehen?

Oder einfach gehen und selbst leben.
Manche hören nämlich nie auf.
Sie saufen bis zum bitteren Ende.

Denen, die bleiben wollen,
wünsche ich viel Geduld und viel Zeit und...





...viel Glück!


Eure M.T. Marquart