Freitag, 6. Februar 2009

Ihr betroffener Angehöriger möchte endlich etwas tun. Was gibt's da für Möglichkeiten?

Heute will ich kurz berichten, welche Wege es gibt, wenn Ihr alkoholgefährdeter oder möglicherweise bereits abhängiger Angehöriger den ersten aktiven Schritt tun möchte, um vom Alkohol los zu kommen.

Es gibt grundsätzlich drei verschiedene Wege.


1. Entgiftung

Eine Entgiftung, auch "Körperlicher Entzug" genannt, wird normalerweise in einem Krankenhaus (Kann, muss aber nicht direkt die Fachklinik selbst sein.) durchgeführt.
Hierfür genügt eine Überweisung durch einen Arzt Ihres Vertrauens.

Die Entgiftung ist der erste, wichtige Schritt zur Abstinenz!
Sie sorgt dafür, dass der Alkohol, der sich noch im Körper befindet, restlos herausgespült wird.
Infusionen und Medikamente unterstützen dabei.

Falls der Betroffene es nicht von selbst geschafft hat, mindestens zwei Wochen ohne jeden Alkohol auszukommen, ist die Entgiftung unabdingbar.

Es gibt auch die Möglichkeit, sich bei seinem Hausarzt ambulant entgiften zu lassen.

Bitte beachten:
Bei Fachkliniken, die selbst keine Entgiftungen durchführen, ist dies Voraussetzung für eine Aufnahme, als muss diese vor Antritt der Therapie bereits durchgeführt worden sein.
Die Entgiftung dringend zu empfehlen, da bei bestehender, körperlicher Abhängigkeit vom Alkohol die Voraussetzungen für eine psychische Entwöhnung denkbar schlecht sind!

Anders gesagt:
Wer "Saufdruck" hat, steht stark unter Stress und kann sich auf diese Weise nicht in Ruhe auf eine Therapie, egal welche, einlassen. Er/sie wird immer zuerst versuchen, durch Alkoholkonsum erstmal "ruhig" zu werden. Nach einer Entgiftung ist dieses Problem zumindest für einige Zeit entschärft, bis die psychische Entwöhnung den Patienten auffängt.

Die nächsten beiden Therapieformen müssen beim Rentenversicherungsträger beantragt werden. Dazu benötigt der Betroffene eine entsprechende Indikation, d.h. die Notwendigkeit einer Entwöhnungstherapie muss von einem Arzt oder Therapeuten im Antrag bescheinigt werden. Beim Ausfüllen des Antrags können Sie falls notwendig dort Unterstützung erhalten.


2. Ambulante Therapie

Eine Ambulante Therapie wird bei einem Suchttherapeuten in der Regel mit 1 x wöchentlichen Therapieterminen durchgeführt. Sie dauert zwischen vier bis sechs Wochen oder im Einzelfall auch länger von Fall zu Fall.
Sie wird jedoch nur dann empfohlen, wenn der Betroffene in der Lage ist, aktiv mitzuarbeiten und wenn im häuslichen Umfeld eine Kontaktperson unterstützend begleiten kann.
Wichtig ist dabei auch, dass aus der Sicht des Therapeuten eine hohe Bereitschaft zur Abstinenz gegeben ist und der Betroffene motiviert genug ist, um sich auf den Therapieplan einzulassen.

Wichtig ist auch, dass eine relativ gute gesundheitliche Konstitution vorliegt und nicht etwa erst kürzlich deliriumartige Zustände wie Verwirrtheit, Verstörtheit, Halluzinationen oder ähnliches zu beobachten waren oder aber die Vermutung nahe liegt, dass solche Symptome (erneut) zu erwarten sind. In einem solchen Falle kommt nach einer längeren, medizinischen Behandlung nur eine stationäre Therapie in Frage, wo stets auch ärztliche Betreuung vor Ort ist und im Zweifelsfalle greifen kann.

Ambulante Therapien sind auch dann nicht angesagt, wenn der Alkoholkranke in der Vergangenheit eine oder mehrere Therapien abgebrochen hat, noch andere Süchte (z.B. Tablettensucht) vorliegen, oder aber andere, gesundheitliche Beeinträchtigungen oder chronische Erkrankungen vorliegen, die die Abstinenz stark gefährden oder einen schnellen Rückfall begünstigen.

Zusätzliche, tägliche Gespräche mit dem Hausarzt können einen positiven und festigenden Einfluß auf die ambulante Therapie haben. Falls es der Arzt für empfehlenswert hält, kann eine medikamentöse Unterstützung beim Entzug sinnvoll sein. Der Einsatz von Medikamenten, die den Entzug begünstigen sollen, ist immer noch umstritten.

Generell gelten Patienten nach einer ambulanten Entwöhnungstherapie als stärker rückfallgefährdet als solche, die eine stationäre Therapie hinter sich gebracht haben.



3. Stationäre Therapie

Die stationäre Therapie wird - wie der Name schon sagt - auf der Station einer Fachklinik durchgeführt. Sie ist statistisch die wirkungsvollste Art einer dauerhaften Alkoholentwöhnung.

Die Dauer der Therapie beträgt normalerweise bis zu vier Monaten, kann jedoch auch abgekürzt oder auch im Einzelfall verlängert werden, falls es notwendig erscheint.

Ist man mal angemeldet, bekommt man - je nach Jahreszeit - mehr oder weniger schnell einen Termin, der dann auch unbedingt angetreten werden muss.

Falls der Betroffene berufstätig ist, sollte er beim Arbeitgeber rechtzeitig vorsprechen und seine gesundheitlichen Pläne offenlegen. Dies ist der erste Schritt zur erfolgreichen Abstinenz. Wer hier bereits massive Probleme hat, sich zu erklären und seine Alkoholprobleme weiterhin lieber verschweigt, gehört bereits zu den wieder schnell rückfälligen Patienten.
Wenn es auch zunächst als sehr schwierig erscheinen mag, vier Monate in einer Klinik zuzubringen, so wird es, ist der erste Schritt erst einmal getan, schließlich "ganz normal sein". Denn schließlich gibt es auch andere Formen der "Kur", die bei anderen, gesundheitlichen Problemen angetreten werden und keiner macht sich Gedanken darüber.

Die Abwesenheit kann die ersten sechs Wochen mit normaler Krankschreibung überbrückt werden. Nach der sechswöchigen Krankenzeit fällt die Krankenversicherung heraus. Ab da zahlt der Rentenversicherungsträger für die Zeit der Therapie ein Überbrückungsgeld, das einen gewissen Anteil des bisherigen Einkommens darstellt (ähnlich dem Krankengeld). Dieses Geld genügt normalerweise zur Überbrückung, da während Klinikaufenthaltes generell kein Geld benötigt wird. Informieren Sie sich für Ihren speziellen Fall im einzelnen.

Nach Antritt der Therapie ist eine dreiwöchige Kontaktsperre die Regel.
Was zu Anfang für beide Seiten sehr schwierig anmutet, erweist sich später als Segen!
Der eine kann sich vom anderen erstmal "erholen". Die Kontrollzwänge lassen nach, der Betroffene fühlt sich nicht mehr "beobachtet". Er kann sich in Ruhe auf die Therapie einlassen und befindet sich zudem unter Gleichgesinnten, denen es genauso ergeht. Briefwechsel ist jedoch meistens erlaubt.

Sie haben normalerweise mehrere Kliniken zur Auswahl. Entscheiden Sie sich nicht unbedingt für die, die am nächsten liegt! Distanz hat während einer Entwöhnungstherapie förderliche Aspekte, wie soeben erwähnt. Die, die sich voll und ganz darauf einlassen, haben die besten Erfolgschancen. Das muss jedoch nicht heissen, dass Sie sich nun vier Monate nicht mehr sehen dürfen! An den Wochenenden ist in allen Kliniken Besuchszeit. Viele Fachkliniken halten nach einigen Wochen Partnerseminare ab, die sehr sinnvoll sind und möglichst genutzt werden sollten. Die Krankenkassen übernehmen hier die Fahrtkosten. Erkundigen Sie sich auch bei Ihrer Krankenkasse über Erstattungen.

Ich wünschen Ihnen und Ihrem betroffenen Angehörigen dauerhaften Erfolg!

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