"Wie kann man sich nur einen Alkoholiker zum Partner nehmen?
Ein fataler Kreislauf, dem wir nur entrinnen können, wenn wir darüber nachdenken und herauszufinden versuchen, was uns dazu treibt, uns in den Armen eines Trinkers so wohl zu fühlen. Mehr zum Thema in meinem Buch „Barrieren – Leben mit der Sucht anderer", erhältlich für nur 14,90 € im Verlag
Quelle: Marquart - See im Eisschlaf |
"Wie kann man sich nur einen Alkoholiker zum Partner nehmen?
Diese Frage habe ich unzählige Male zu hören bekommen!
Hier müsste man zunächst mal fragen:
Könntest du es irgendwie gleich feststellen, wenn dein Gegenüber zu viel trinkt?
Ich meine: wenn du über eine gute Beobachtungsgabe und dazu einige Erfahrung im Umgang mit alkoholkranken Menschen hast, durchaus denkbar!
Ja…, dann könnte man annehmen, wäre es ziemlich einfach, gleich um solche „Kandidaten" einen großen Bogen zu machen.
Das hört sich so leicht an, ist aber nicht so einfach, wie man glauben möchte.
Dazu bräuchte es vor allen Dingen eine „gesunde" Einstellung zum Thema Trinken und Alkohol. Was will ich damit sagen?
Welche Meinung hast du selbst über das Trinken generell?
Findest du es nicht so schlimm und trinkst du selbst ab und zu ganz gerne
mal einen „Schluck"?
Bist du als Kind vielleicht mit Menschen aufgewachsen, die selbst regelmäßig getrunken haben? (Wenn du eine Frau bist – war es vielleicht sogar der Vater, der getrunken hat?)
Wie steht‘s eigentlich mit deinem Selbstbewusstsein? Findest du dich selbst ganz ok, oder kämst bei einer „Miss-Wahl" eher schlecht weg, weil du deiner Meinung nach nicht den Schönheitsidealen entsprichst? Ist es vielleicht sogar so, dass du dich selbst nicht leiden magst?
Dann zählst du leider aus Erfahrung zu denjenigen, die sich sehr oft in Alkoholiker verlieben und mit ihnen in einer Partnerschaft leben wollen.
Warum ist das so?
Unbewusst sucht man sich wieder ähnliche Konstellationen, wie die, die man als Kind zuhause miterlebt hat. Es handelt sich meiner Meinung nach um eine Art von „Wiedererkennungsmuster", das hier zum Tragen kommt. Man kennt es ja nicht anders von zuhause her. Man hat kein anderes „Muster" oder „Vorbild", als das, was man selbst vorgelebt bekommen hat. So kommt es, dass man das Trinken von Alkohol (gilt auch fürs Rauchen) als mehr oder weniger „normal" empfindet. Die Alarmglocke klingelt eben nicht, wenn es andere in deinem Umfeld tun.
Warum also sollte es dann ausgerechnet bei der Partnersuche „klingeln"?
Im Gegenteil! Du findest es nicht nur in Ordnung – du fühlst dich irgendwie geborgen. Erst mal. Er erinnert dich doch so an deinen Vater, den du trotz alledem lieb hattest. Kinder sind kritiklos. Sie lieben die Eltern so, wie sie eben sind.
Dann kommt da noch diese Sache hinzu: „Jeder Topf findet seinen Deckel!"
Instinktiv suchen sich solcher Art gefährdeter Frauen wieder „solche" Partner
(die ihrerseits trinken).
Umgekehrt verhält es sich genauso. Alkoholiker finden zielgenau immer gerade die Frauen, die auf die Merkmale eines Trinkers gerne „hereinfallen", z.B.:
Scheinbare Anschmiegsamkeit, Schmusigkeit, einen Art von Hilflosigkeit, eine Form von "Ich bin so alleine"-Verhalten....
Ok. Schauen wir uns das mal näher an:
Scheinbare Einfühlsamkeit bei Frauen (um schneller zum Ziel zu gelangen!)
Der Eindruck von Hilflosigkeit - spätestens im Rauschzustand, wenn das Reden und die Gestik schwer fallen, erinnert das an ein kleines Kind, das Hilfe braucht.
Hier kommen die angeborenen Mutterinstinkte einer Frau unbewusst zum Tragen.
Der langsame, lasziv wirkende Augenaufschlag wird als „Ich hab dich lieb! Ich begehre dich!" interpretiert. (Etwas, worauf gefährdete Frauen früher oder später „abfahren"!)
Das Problem ist generell: Wenn erst mal Gefühle mitmischen, d.h. der „Funke" übergesprungen ist, haben wir die berühmte „rosa Brille" der Verliebtheit auf der Nase und wollen ganz einfach gewisse Alarmzeichen des Alkoholismus nicht (mehr) sehen. Es ist nicht, dass wir es nicht könnten – wir wollen es nicht!
In gewisser Weise spielen uns Gefühle aus der Kindheit, die Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe (die wir vielleicht auch nicht in dem Maße erhalten haben, wie wir sie als Kind gebraucht hätten!) einen Streich und wollen uns weismachen, dass wir an dieser Beziehung festhalten sollten, weil sie es wert ist. Bei Einwänden aus dem Umfeld suchen wir krampfhaft nach Argumenten, die für den „Auserwählten" sprechen, ihn wirklich wertvoll und unverzichtbar für uns machen. Die Vorzüge werden übertrieben hervorgekehrt.
Es ist diese „Selbstbetrugs-Masche", die uns glauben machen will, es sei alles in Ordnung.
Sie funktioniert sehr gut bei Frauen, die als Kind mit einem trinkenden Vater aufgewachsen sind und sich dadurch von ihm übernommene Ansichten wie:
„Ein Mann muss ab und zu einen trinken!" und ähnliches im Kopf festgesetzt haben und sie aufgrund dessen einfach mehr „wegstecken" können und wollen, (Fachausdruck dafür ist „hohe Toleranzschwelle"), als andere Frauen.
Für sie sind „ein paar Bier nicht so schlimm" – noch nicht…
Jemanden nicht gleich bei den ersten Schwierigkeiten aufzugeben, mussten wir vielleicht schon in der Kindheit von unserer Mutter lernen, wenn wir den betrunkenen Vater trotzdem geliebt haben, obwohl er uns so oft enttäuscht und sich einfach sch.... benommen hat.
Wir stufen uns selbst sehr oft als selbst ziemlich wertlos ein und deshalb nehmen wir zu lange zu viel in Kauf, zu Lasten unseres eigenen Ichs, das wir hintenan stellen, weil wir es ja nicht anders gewöhnt waren und sind.
Ich staune oft, wie gelassen solche Frauen zusehen, wenn ihre Männer sich zügig viel zu viele Biere hinter die Binde kippen. Entweder merken sie’s nicht oder sie wollen es nicht wahrhaben aus Angst vor der Einsamkeit, falls eine Trennung unausweichlich werden sollte. Es wird zum absoluten Tabu-Thema. Darüber spricht man nicht, zu niemand.
Es tot zu schweigen, mag im Moment tröstlich sein. Aber es ist fatal - auf die Dauer!
Ich habe mir viel Gedanken drum gemacht und ich habe herausgefunden, dass, wenn man sich erst mal selbst nicht mag und Erlebnisse aus der Kindheit noch hinzukommen, dass man sich in solchen Fällen viel schneller jemanden sucht, den man umsorgen, kontrollieren und „retten" kann. Vielleicht, weil man als Kind hilflos zusehen musste und nichts aktiv dagegen tun konnte, wenn die Stimmung im Elternhaus wieder mal schlimm war.
Automatisch lernt so ein Kinde, im Laufe des Heranwachsens mehr Verantwortung für andere (Geschwister, Mutter) zu übernehmen (als andere Kinder) und sich vielleicht auch deshalb mit sich selbst nicht so gerne beschäftigen mag. Stattdessen gewöhnt es sich an, sein Umfeld zu kontrollieren, denn es hängt ja die eigene Sicherheit mit dran. Später, im geschlechtsreifen Alter dann sucht so ein Mensch sich sehr oft Partner, die eine „echte Aufgabe" als Ersatz für diese innere Leere, die darin besteht, sich übermäßig an einen mit (Sucht)problemen belasteten Menschen zu hängen, um ihn zum Besseren zu bekehren und ihn glücklich zu machen, sozusagen als Ersatz fürs eigene Glück, das man scheinbar nicht finden konnte. Fachleute sagen „Helfersyndrom" dazu.
Dass diese Frauen es später gar nicht mehr so ernst meinen mit dem „Retten" kann man daran erkennen, dass sie, wenn es erst mal so weit ist, sich sehr schnell daran gewöhnen, dass ihr Partner zu viel trinkt und irgendwann gar keine rechte Energie mehr aufbringen können, wirklich etwas daran zu ändern, wenn sie merken, wie schwierig das doch in Wirklichkeit ist. Denn sie stoßen auf Widerstand. Es ist nicht so einfach, wie man es sich als junge, naive Frau vorgestellt hat.
Wer sich also einen alkoholkranken Mann als Partner erwählt, bei dem waren die Weichen meist schon gestellt. Allein nur zu wissen, dass der Geliebte zu viel trinkt, ist für sie aufgrund dessen noch lange kein Grund, die Finger von ihm zu lassen. Man kann es somit schon als eine fast krankhafte Herausforderung für Alkoholiker-Frauen sehen, die sie in die Arme eines Säufers treibt.
Natürlich spielt auch das „Einstiegs"-Alter eine Rolle! Jetzt, mit 57 Jahren, denke ich anders darüber als im Alter von 17 Jahren! Sicherlich war ich damals im Grunde noch ein Kind, der Kindheit beraubt aufgrund der Verhältnisse daheim, ein Kind, welches nur Liebe und Geborgenheit gesucht hat, die es im Elternhaus nicht bekommen hatte… Ein Fall wie tausende!
Ein fataler Kreislauf, dem wir nur entrinnen können, wenn wir darüber nachdenken und herauszufinden versuchen, was uns dazu treibt, uns in den Armen eines Trinkers so wohl zu fühlen. Mehr zum Thema in meinem Buch „Barrieren – Leben mit der Sucht anderer", erhältlich für nur 14,90 € im Verlag
(Dieser Post steht unter der Rubrik „Gedanken". Er soll demnach nur als Denkanstoß verstanden werden. Er stellt keine jedwede Bewertung von Alkoholkranken dar. Alkoholiker sind nicht automatisch weniger wert als andere, die nicht trinken. Jeder Mensch muss im Grunde selbst entscheiden, was er aus seinem Leben macht und wen er sich als Partner erwählt. Wer mit einem Trinker in einer glücklichen Partnerschaft leben möchte und es auf Dauer kann, weil er für sich einen Weg gefunden hat, dann ist es in Ordnung. Er muss daran nicht zwangsläufig etwas ändern. Meine Texte sollen als Wiedergabe von Gedanken und Schilderungen aus eigener Erfahrung verstanden werden. Sie sind weder wissenschaftlich gestützt noch fachlich fundiert – Ausnahme sind die rein fachlichen Posts im Blog wie z.B. „Hilfe und Unterstützung suchen" usw. mit den jeweiligen Quellangaben)
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