Wo ist der Weg? |
Wer mit einem Trunksüchtigen zusammen lebt, egal, ob verheiratet oder nicht, wer ihn pflegt, sich um ihn kümmert, ihn beaufsichtigt, ja, einfach die komplette Verantwortung für ihn übernimmt, hat sein eigenes Leben zum größten Teil aufgegeben. Kein Wunder! Die Sorge um den Alkoholiker nimmt alles in Anspruch. Für die betreuende Person selbst bleibt wenig Spielraum, denn sie hat sich voll und ganz auf die Trunksucht des Partners eingestellt, es zu ihrer Lebensaufgabe gemacht.
Eigene Ziele und Ansprüche, Sehnsüchte und ein Gefühl für sich selbst, die Befriedigung ureigener Bedürfnisse verkümmern nach und nach. Sie werden verleugnet, auf später verschoben, verdrängt von ganz anderen Gefühlen, die massiven Einfluß nehmen auf das alltägliche Miteinander.
Ganz vorne rangiert ein übertriebenes Verantwortungsgefühl.
Es besteht einfach darin, dem, was der trinkende Partner sagt und tut, die höchste Priorität einzuräumen.
Vor diesem Vordergrund wird alles andere zunehmend zweitrangig. Je schlimmer die Sucht, umso stärker werden Kontrollzwang und Anforderungen an den nicht trinkenden Partner.
Ein Säufer im mittleren, fortgeschrittenen und Endstadium seiner Krankheit bedarf ständiger Betreuung und Aufsicht. Die Tatsache, dass er im alkoholisierten Zustand eigentlich ständig "Mist" baut, hält einen Angehörigen ununterbrochen auf Trab und das wohlgemerkt: Tag und Nacht!
Wer kann angesichts dessen ruhigen Gewissens ein eigenes Hobby betreiben oder dergleichen? Ein Ding der Unmöglichkeit, so glaubt man.
Man kann es ohne weiteres mit der Betreuung eines Schwerbehinderten vergleichen, der ebenfalls nicht alleine gelassen werden darf.
Eine Verschaufpause gibts meist erst dann, wenn ein Alkoholiker endlich seinen Rausch ausschläft
Dann darf sein(e) BetreuerIn aufatmen, selbst einmal zur Ruhe kommen, wobei dies bereits im fortgeschrittenen Zustand auch nie lange dauert, denn Alkoholiker haben einen oberflächlichen, unruhigen Schlaf, während dem sie sehr oft sprechen und um sich schlagen oder treten.
Alkoholiker sind unberechenbar wie kleine Kinder.
In bereits gut angeheitertem Zustand zieht es sie gerne nach draussen, sie wollen unter die Leute, quatschen, gelöst vom bevorstehenden Alkoholgenuß, anfangs mit "Gott und der Welt", suchen anschließend gezielt nach Gleichgesinnten und trinken sich vorzugsweise in der Gruppe gezielt in einen befriedigenden Rauschzustand.
Wird darüber hinaus weitergetrunken, stellt sich - abhängig vom Charakter des einzelnen - das typische Säufererscheinungsbild dar, welches oft mit aggressivem Verhalten einher geht, zu Pöbeleien und zu Zusammenstößen mit anderen führt. Der Säufer fühlt sich jetzt durch die Droge ungemein stark! Nicht selten kriegen er dann gehörig eine aufs Maul und stolpert blutend nachhause, wobei ihn nur sein Schutzengel davor bewahren kann, vom nächsten Auto überfahren zu werden. Wieder ein schrecklicher Anblick für den betreuenden Partner, der ihn zuhause empfängt und ein weiterer Grund, künftig noch besser auf den "Alkie" aufzupassen.
Solche "Auftritte" in der Öffentlichkeit tragen schnell dazu bei, dass sich ein Alkoholkraner an den gesellschaftlichen Rand bugsiert. Hat er gute Freunde, die in beschützen, kann er wirklich von Glück sagen.
Ansonsten wird er schnell als Penner abgestempelt, öffentlich verlacht und verhöhnt, wird zur Lachnummer für andere, die ihn gerne gezielt betrunken machen, um sich anschließend über ihn zu amüsieren. Bezeichnend ist, dass gerade solche Leute selbst meist schon mit einem Bein in der Sucht stehen und nicht viel fehlt zu einer eigenen, vielversprechende Säuferkarriere.
Krankheitstypisch ist nämlich, dass gerade in der Position des Alkoholiker-Einsteigers gerne über den viel weiter abgesunkenen Trinker hergezogen wird. Verursacht durch eine innere Abscheu:
"So will ich nie werden!" und einer dumpfen Ahnung, man selbst könnte womöglich ebenfalls auf dem besten Weg sein, genauso zu werden, wie der, den man gerade zum Gespött macht. Quasi zu inneren Abwehr nimmt man dann das hilflose Gegenüber aufs Korn, weil man sich dann vorübergehend besser fühlt. Beide, Einsteiger und Fortgeschritteter, saßen gerade eben noch einträchtig zusammen an einem Tisch und haben gemeinsam getrunken!
Tragisch ist, dass nicht nur der Alkoholiker sondern seine gesamte Familie ist Abseits gerät.
Der soziale Abstieg, das "Stigma" betrifft alle - auch die Kinder!
Hinzu kommt, dass PartnerInnen ungewollt gerade die Schwächsten in der Familie, die Kinder, vernachlässigen, um sich zwangsläufig ständig um den "betrunkenen Störenfried" zu kümmern, ihn ruhig zu stellen, ihn zu beobachten und zu kontrollieren, um die Situation nicht noch mehr eskalieren zu lassen. Instinktiv schützen sie zwar damit die Kinder, gehen jedoch oft den Weg des gringsten Widerstands und geben in entscheidenen Momenten lieber klein bei, nur um die scheinbare Harmonie nicht zu gefährden.
Durch dieses Verhalten fühlen sich aber Kinder vom nicht trinkenden Elternteil aber verraten und allein gelassen und fangen an, sich abzukapseln und zurückzuziehen. Ein "Es ist alles in Ordnung"-Verhalten wird an den Tag gelegt. Ängste werden verschwiegen oder vertuscht.
Mütter von solchen Kindern - und auch ich war eine solche Mutter! - glauben nur zu gerne, dass scheinbar alles in Ordnung wäre. Im Grunde genommen aber spüren sie längst, dass nichts mehr stimmt!
Es hat keinen Sinn, solche Bedingungen alleine durchstehen zu wollen!
Es gibt professionielle Hilfe für von Alkohol belastete Familien.
Wenn Sie sich als Partnerin eines Alkoholikers - insbesonderes mit ihren Kindern! - überfordert fühlen mit der Gesamtsituation, suchen Sie gezielt Hilfe, die vielerorts angeboten wird.
Erster Schritt: Ein Telefonanruf!
Auf dieser Seite finden Sie Kontaktadressen und Rufnummern und dem Menüpunkt:
"Hilfe und Beratung suchen"
Warten Sie nicht noch länger und gehen Sie neue Wege mit Ihren Kindern.
Weihnachten ist nicht mehr weit und soll dieses Jahr ein friedliches und fröhliches Fest für Sie und Ihre Kinder werden. Es gibt Alternativen - Sie müssen sie nur suchen.
M.T. Marquart
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen