Dienstag, 23. September 2014

Was uns an einen Alkoholiker bindet





Quelle: M.T. Marquart

Was bindet uns so nachhaltig an einen Alkoholkranken?

Diese Frage mögen sich Angehörige schon tausendfach gestellt haben.
An manchen Tagen hast du es so unsagbar satt,
dich wieder einmal diesem trinkenden Scheusal gegenüber zu sehen;
du siehst ihn an, bist hilflos, wütend und dennoch wieder erfüllt 
von bitterem Mitleid, traurigem Bedauern
für dieses so versaute Leben vor deiner Nase,
das doch ganz anders hätte verlaufen können.
Das Mitleid für ihn, das tief in uns brennt,
geht Hand in Hand mit maßlosem Verantwortungsgefühl,
dem Zwang, sich kümmern zu müssen,
und dann sind da noch die verstümmelten Reste von einstiger,
flammender Liebe für diesen verlorenen Menschen
 – das alles quält dich und doch kannst du nichts ändern!

Du kannst es auch nicht beeinflussen.

Es ist wie ein heimlicher Sumpf,
der dich täglich immer mehr hinunter zieht
 in die dunkle Tiefe, gemeinsam mit ihm..
ein unaufhaltsamer Abstieg!

Dennoch bist du in seinem Leben nur eine Randfigur.
Du dienst ihm und seiner Sucht.
Alles andere wäre Illusion.

Du forderst nichts (mehr).
Es wäre ohnehin sinnlos.
Im Grunde „schluckst“ du genau wie er.
Was?
Verpasste Gelegenheiten,
enttäuschte Hoffnungen,
tausend Verletzungen und Lügen,
gemeine Worte und Erniedrigungen,
von ihm wie besessen im Suff ausgesprochen,
die wie brennende Stachel tief in dir sitzen
und dich klein machen,
jeden Tag, noch ein bisschen kleiner.

Du bist inzwischen so klein geworden,
dass du dich selbst nicht mehr wahrnimmst.

All das schluckst du und du funktionierst weiter.
Warum eigentlich?
Nur, weil du es nicht anders kennst?
Weil du dich an ein anderes Leben
nicht mehr genau erinnern kannst,
es rundweg als unerreichbar und verloren ansiehst?

Aber...woher willst du das wissen?
Du hast es nie richtig versucht!
Oder etwa doch... und bist am Ende zurückgekehrt
in den fatalen Kreislauf von Illusion und falscher Hoffnung,
weil er ohne dich nicht sein kann,
dich angeblich so sehr braucht?
Sein Lockmittel...
Dabei vergisst du ganz dich selbst!

Du hast gar keine Zeit mehr,
an dich selbst zu denken.
Denn du hast es dir aufs Banner geschrieben,
diesem einen Menschen beizustehen..
bis zum bitteren Ende..

Hast du darauf einen Eid geschworen?
Ihn immer und immer wieder aufzufangen,
ihm den Weg aufs Neue zu zeigen,
nur um kurz darauf festzustellen,
dass er schon wieder davon abgekommen ist
und nicht nur das – vielleicht schon kurz vorm Abgrund steht?
Wo bist du dabei geblieben?
Wer bist du noch, in all der Zeit?
Was ist noch übrig geblieben von DIR?
Wo hast du dich einfach stehen lassen,
dich selbst verraten...?

Denke nach… nimm dir Zeit.
Wie warst du früher?
Noch bevor du in diese fatale Dreier-Beziehung - Du – dein Partner – und der Alkohol -
hinein geraten bist?

Konntest du damals lachen
und warst du vielleicht sogar ein lustiger, aufgeschlossener Mensch?
Konntest du dich auf etwas so richtig freuen
und unbeschwert sein wie ein Kind?
Welche Pläne hattest du damals für dein Leben?
Welche Wünsche und Ziele?
Frag dich:
Was ist mir DAVON geblieben?

Versuche, deine Gefühle von damals,
als du noch frei und unbelastet warst von dieser fatalen Gemeinschaft,
für einige Augenblicke wieder zum Leben zu erwecken!
Welchen Partner hattest du dir damals für dein Leben vorgestellt?
Hatte er mit diesem hier Ähnlichkeit?
Ist es nicht vielleicht sogar so,
dass dieser hier ganz und gar nicht dem entspricht,
was du dir damals unter deinem Lebenspartner vorgestellt hast?
Bist du statt dessen irgendwie "an ihn geraten"?
Nun: denke zurück an die Zeit,
als du diesen Partner kennen lerntest.
Welche Gefühle und Hoffnungen hattest du
bezüglich eurer gemeinsamen Zukunft?
Sind sie wenigstens zum Teil erfüllt worden?
Konntest du Glück empfinden an seiner Seite?
Nimm Papier und Stift: Mache zwei Spalten..
schreibe nun auf,
was du in deinem jetzigen Leben
als positiv empfindest und was als negativ
Überwiegen die negativen Punkte?
Oder bist du noch zufrieden mit diesem Leben,
dass du dir mit deinen beiden Partnern
ihm und seiner Alkoholsucht
freiwillig teilst?
Oder...
ist es vielmehr ein Leben voller Kompromisse,
ein Wegsehen und ein Dulden,
ein ständiges Verzichten und Abschreiben
von lichten Hoffnungen und schönen Zielen,
die dich einst bewegten?
Ist es inzwischen auch ein Leben voller Sorge und Zweifel?
Kannst du deshalb  nicht mehr lachen?
Frage dich:
Was würdest du ändern wollen?

Wo stehst du jetzt?
Soll dieses Leben ewig so weitergehen?
Erträgst du es noch immer geduldig,
obwohl du weißt,
dass sich nichts zum Guten wendet – nein,
eher alles nur noch schlimmer wird?
Deine tausend Anläufe und das ständige
 
Immer-wieder-neu-Verzeihen,

all die tausend Versprechungen,
die nie gehalten werden?
Was hält dich dann noch hier?
Wer bindet dich an diesen Menschen,
der doch nur eines kennt:
Seine Alkoholsucht zu befriedigen?
Du bist nur Randfigur, bist Diener,
machst dich zum Narren und Verräter
für dein eigenes, verlorenes Leben,
unter gegangen mit all den Plänen und Hoffnungen,
drein gegeben für ihn,
der nur Augen für seine Flasche hat!

Wenn all das in Ordnung ist für dich,
dann gib keinen Pfifferling mehr für dein SELBST.
Und bleib, wo du bist...
Wenn aber nur noch ein kleiner Funken Selbstliebe in dir glimmt,
ganz hinten in dem dunklen Kämmerlein der Selbstvergessenheit,
dann fache ihn aufs Neue an! Ein keiner Windhauch genügt!

Du wirst staunen!

Mache dich hübsch – gehe wieder aus – lache, albere herum,
plaudere, tanze, lebe!
Lasse ihn zurück...
Er will es nicht anders...
Es ist DEIN LEBEN, und wer, wenn nicht DU, kann es leben?

Gott will, dass du dein Leben jetzt lebst.

Vergeude es nicht für einen Menschen,
der es dir keine Minute lang dankt,
dass du es für ihn hingeworfen hast,
in den Schmutz, genau dorthin,
wo auch all die leeren Flaschen liegen,
die er leer getrunken hat
und an die er auch keinen einzigen Gedanken mehr verschwendet.

Denke heute einen Moment an die vielen unheilbar kranken Menschen,
die in ihrem Bett liegen und auf den Tod warten.
Sie würde alles, ja wirklich ALLES dafür geben,
auch nur einen einzigen Tag lang mit dir tauschen zu dürfen
und sie würden ihre sieben Sachen packen,
und augenblicklich fortgehen und

LEBEN!!

Und wäre es wirklich nur noch ein einziger Tag,
der dir zum Leben bliebe - er wäre es wert,
ihn in vollen Zügen zu genießen, weit abseits von den fatalen, lähmenden Schatten
seiner Sucht und seiner Verschmähung deiner Liebe und Sorge für ihn,
die er im Grunde doch nicht will
und in seinem Leben ganz weit unten rangieren
und für die ER keinen Pfifferling zu geben bereit wäre,
nähmst du ihm dafür seine Flasche!

Denn für ihn ist deine LIebe eine Last geworden.
Er will sie nicht mehr.
Denn die Liebe fordert etwas von ihm.
Und damit ist er über-fordert!

Es ist noch nicht zu spät! Und – es ist ganz einfach!

Wache auf und nimm dein Leben endlich wieder in die Hand!
Übernimm ab heute nur noch
Verantwortung FÜR DICH SELBST!

Viele vor dir haben ebenfalls den Schritt zurück ins eigene Leben gewagt.
Sie haben es nie bereut!

Viel Glück!
Marie-Therese

1 Kommentar:

  1. Sehr gut. Verantwortung nur noch für sich selbst übernehmen. Auch wenn es in diesem Blog ja nur am Rand um die Sucht des Partners gehen soll, trotzdem ein Kommentar dazu. Es ist nämlich so, dass es IHM ebenfalls hilft, wenn man als Betroffene nur noch für sich selbst Verantwortung übernimmt. Und zwar auf eine eher indirekte, subtile Art. Als Alkoholiker ist man sich ja sehr wohl bewusst über all das Elend, das man verursacht. Man will es natürlich auch nicht, kann aber nicht anders. Wenn man dann die Partnerin leiden sieht, weckt das noch mehr Selbsthass, Schuldgefühle und Scham. Und was macht man damit? Man spült sie mit noch mehr Alkohol runter. Insofern kann man als Partnerin also dadurch, dass man jetzt nur noch für sich selbst Verantwortung übernimmt und selber wieder zurück ins Leben findet, auch dem alkoholkranken Partner helfen. Je besser SIE sich fühlt, umso weniger Druck wird auf IHN ausgeübt. Das kann ihn zwar nicht von der Sucht befreien, aber verschlimmert zumindest nicht seinen Selbsthass.

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